Deutschland steht wirtschaftlich vor einer Bewährungsprobe. Ein Beratungsgremium des Bundeswirtschaftsministeriums unter Leitung von Katharina Reiche (CDU) legt eine Analyse vor, die deutlicher kaum ausfallen könnte. Das Land befinde sich in einer tiefgreifenden Strukturkrise, warnen die Fachleute. Ohne grundlegende Korrekturen drohten Verteilungskonflikte, die die Gesellschaft spalten könnten.
Die zentrale Botschaft des Berichts: Die Bundesrepublik hat ihren wirtschaftlichen Vorsprung verloren. Während Nachbarstaaten wie Frankreich und Italien nach der Pandemie wieder wachsen, stagniert die deutsche Wirtschaft. Im internationalen Vergleich fällt die Bundesrepublik zurück. Die USA und mehrere EU-Partner verzeichnen robuste Zuwächse, während hierzulande die Konjunktur auf der Stelle tritt.
Wachstum: Echte Schwierigkeiten!
Besonders besorgniserregend ist die Einschätzung zum Wachstumspotenzial. Die Experten sprechen von einem historischen Tiefpunkt. Der industrielle Kern, jahrzehntelang Symbol deutscher Stärke, verliert an Bedeutung. Das verarbeitende Gewerbe schrumpft, während der Dienstleistungssektor – vor allem im Gesundheitswesen – immer größere Teile der wirtschaftlichen Kapazität bindet. Das traditionelle Erfolgsmodell aus Export, Technologie und Maschinenbau wirkt zunehmend aus der Zeit gefallen.
Die Ursachen für diese Entwicklung sind laut dem Gremium klar benannt. Erstens wächst die Produktivität kaum noch. Zweitens altert die Bevölkerung, wodurch Fachkräfte fehlen und die Soziallasten steigen. Drittens investieren Unternehmen zu wenig in Forschung, Digitalisierung und Infrastruktur. Viertens lähmen immer neue Vorschriften den unternehmerischen Handlungsspielraum.
Über Jahrzehnte sei die Wirtschaftspolitik von Selbstzufriedenheit geprägt gewesen, heißt es im Bericht. Deutschland habe zu lange auf alte Stärken vertraut, statt auf neue Technologien zu setzen. Andere Länder hätten den Strukturwandel entschlossener angepackt.
„Viele Volkswirtschaften haben die vergangenen Jahre genutzt, um sich neu aufzustellen. Deutschland hingegen hat Zeit verloren“, heißt es im Fazit des Beraterpapiers.
Ob die politischen Entscheidungsträger bereit sind, daraus Konsequenzen zu ziehen, bleibt offen. Noch überwiegt der Eindruck, dass man in Berlin lieber über die Symptome spricht als über die Ursachen.