EU-feindliches Wahlergebnis in Tschechien

Von der Leyen

Die Parlamentswahl in Tschechien hat die politische Landschaft des Landes spürbar verändert. Nach Auszählung fast aller Stimmen liegt die Bewegung ANO des früheren Premierministers Andrej Babiš mit rund 36 % deutlich vor der bisherigen Regierungskoalition unter Petr Fiala. Das Bündnis Spolu, das in den vergangenen Jahren die Regierung trug, kam nur auf etwa 22 % und verfehlte damit die Erwartungen deutlich.

Mit diesem Ergebnis kehrt Babiš an die Spitze des politischen Wettbewerbs zurück. Der 71-Jährige, der bereits von 2017 bis 2021 Ministerpräsident war, profitierte von einem Wahlkampf, der stark auf soziale und wirtschaftliche Themen ausgerichtet war. Er versprach niedrigere Steuern, höhere Renten und eine stärkere Ausrichtung der Politik an nationalen Interessen. Trotz zahlreicher Vorwürfe aus der Vergangenheit, die seine politische Glaubwürdigkeit hätten schwächen können, gelang es ihm, den Stimmenanteil seiner Bewegung deutlich auszubauen.

Die Wahlbeteiligung lag mit 68 % so hoch wie seit Jahren nicht mehr. Viele Beobachter werten das als Zeichen für eine ausgeprägte Unzufriedenheit mit der bisherigen Regierungspolitik. Wirtschaftliche Belastungen, steigende Lebenshaltungskosten und eine als unzureichend empfundene Sozialpolitik galten im Wahlkampf als entscheidende Themen.

Neben ANO profitierten auch kleinere, regierungskritische Parteien. Die rechtspopulistische SPD erreichte 8,2 %, während die Autofahrer-Partei AUTO mit rund 7 % überraschend ins Parlament einzog. Beide Formationen positionieren sich gegen eine stärkere Regulierung durch die EU und betonen nationale Handlungsspielräume.

Das Ergebnis stellt die bisherige Regierungskoalition vor große Herausforderungen. Premier Fiala hatte im Wahlkampf auf eine Fortsetzung der proeuropäischen Linie gesetzt und eine enge Zusammenarbeit mit Brüssel befürwortet. Das Wahlergebnis zeigt jedoch, dass ein erheblicher Teil der Bevölkerung diese Ausrichtung nicht mehr teilt.

Babiš, der sich als Pragmatiker inszeniert, könnte damit zu einem zentralen Akteur in einem wachsenden Netzwerk europäischer Regierungsparteien werden, die den Einfluss der EU-Institutionen begrenzen wollen. Die Wahl in Prag gilt deshalb auch über die Landesgrenzen hinaus als Richtungsentscheidung im politischen Gefüge Mitteleuropas.