Als Ende Juli im Südosten Baden-Württembergs ein Regionalzug entgleiste und drei dabei Menschen starben und weitere 41 Fahrgäste verletzt wurden, war die vermeintliche Ursache für das Unglück schnell gefunden: Regenwasser war eine Böschung hinuntergelaufen, hatte diese unterspült, sodass das durch den nachfolgenden Erdrutsch auf die Schienen gespülte Geröll den Regionalzug zum Entgleisen brachte.
Für die deutschen Medien, die sich mehrheitlich der Klimarettung verschrieben haben, war der Fall schnell klar. Der Starkregen, der an diesem Sonntag im Unfallgebiet niederging, war eine direkte Folge des Klimawandels. Niemand anderes als der angeblich vom Menschen verursachte Klimawandel war damit die Ursache für den Tod und die Verletzungen der Reisenden.
„Wissenschaftliche“ Unterstützung erhielt die klimahysterische Sichtweise, die sich in den Tagen danach nicht zu schade fand, bei hochsommerlichen Höchsttemperaturen von rund 20 Grad die Wetterkarten blutrot einzufärben, durch Volker Quaschning, Professor für Regenerative Energiesysteme. Er schrieb in einem Post auf der Plattform X: „Die Klimakrise produziert immer mehr Starkregen, Starkregen war auch die Ursache des schrecklichen Zugunglücks in BW. Mein Mitgefühl gilt den Opfern u. Angehörigen. Wir brauchen ambitionierten Klimaschutz, damit sich solche Katastrophen nicht häufen.“
Es ist das Vorrecht einer jeden Ideologie, die Antworten vor den Fragen zu kennen
In den Tagen nach dem Unglück haben Medien wie der Tagesspiegel, n-tv, die Stuttgarter Zeitung oder die Deutsche Welle Berichte verfasst, die ähnlich argumentierten. Die These war stets die gleiche: Der Starkregen und das Abrutschen der Böschung gehen mittelbar auf den menschengemachten Klimawandel zurück. Verbunden wurde die Erklärung mit der Warnung, dass weitere Ereignisse wie diese auf Deutschland zukommen werden, wenn sich in Sachen Klimaschutz nichts ändert. Dieser Warnung ist voll und ganz zuzustimmen. Es werden weitere Ereignisse wie diese kommen und werden noch mehr Menschen sterben und verletzt werden, wenn sich das Land weiterhin heldenhaft beim Klimaschutz verschleißt und darüber seine grundlegenden Aufgaben sträflich vernachlässigt. Eine dieser grundlegenden Aufgaben ist es beispielsweise, die Kanalisation regelmäßig zu reinigen.
Das ist zwar nicht annähernd so heldenhaft wie die Rettung des Klimas, hat aber den praktischen Vorteil, dass große Wassermassen leichter abfließen können, sich nicht stauen und keine oder zumindest weniger Überschwemmungen verursachen. Nicht der Wissenschaft verbundene Praktiker wollen herausgefunden haben, dass dies insbesondere an Tagen mit Starkregen von Vorteil sein soll.
Am Anfang der Katastrophe stand nicht das Klima, sondern ein verstopfter Gully
Die baden-württembergische Polizei könnte geneigt sein, dieser Ansicht zuzustimmen. Sie hat bei ihren Ermittlungen herausgefunden, dass ein nur 50 Meter von der Bahnstrecke entfernter Gully vollständig mit Gras überwachsen war. Durch ihn hätte das Wasser ablaufen sollen. Da dies nicht möglich war, nahm das Wasser den Weg über die Böschung – mit den bekannten tödlichen Folgen.
In einem Kommentar des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND) war in den Tagen nach dem Unglück zu lesen: „Lehre aus dem Zugunglück: Wir müssen uns wappnen. Der Bahnunfall in Baden-Württemberg führt uns schmerzlich vor Augen: Unsere Infrastruktur ist noch nicht gegen die Folgen des Klimawandels gerüstet.“ Es sei zwar „menschlich, nach dem schweren Zugunglück in Baden-Württemberg, zu fragen, ob es vermeidbar gewesen wäre. Ob es Schuldige gab. Jemanden, der Fehler gemacht hat, den man bestrafen kann. Doch die Ermittlungen zur Unfallursache weisen auf einen Verdächtigen hin, der sich nicht belangen lässt: Starkregen.“
Der zuvor von Gras überwucherte Gully wurde in der Zwischenzeit wieder freigelegt. Leider zu spät und Schuld ist nicht der klimabedingte Starkregen, sondern der nicht angemessen agierende und seinen Aufgaben nachkommende Mensch. Neben der Trauer über die möglicherweise vermeidbaren Toten bleibt die Frage: Wie fortschrittlich, kompetent und weitsichtig ist eigentlich ein Land, das notfalls auch im Alleingang das Klima retten will, sich als das Sozialamt der Welt sieht und auf einen Krieg mit Russland vorbereitet, aber seine Abwasserschächte nicht sauber und funktionstüchtig halten kann?