Immobilien gelten als etwas standfestes und bleibendes. Im Volksmund werden sie deshalb gerne als Betongold umschrieben. So wertbeständig wie das Gold, doch nicht aus Metall, sondern aus Stein und Beton. Dass die fehlende Beweglichkeit einen der wichtigsten Unterschiede zum Gold darstellt, wird an dieser Stelle leicht übersehen.
Dabei ist es gerade diese Immobilität, die vielen Immobilienbesitzern derzeit zum Verhängnis wird. Das gilt in den USA derzeit vor allem für Gewerbeimmobilien, denn dieser Sektor verzeichnet seit der Coronazeit einen dramatischen Preisverfall. Die Situation ist so explosiv, dass eine neue Bankenkrise nur noch eine Frage der Zeit zu sein scheint.
Das sollte uns keineswegs kalt und unbekümmert lassen, denn aus der Finanzkrise wissen wir noch viel zu gut, dass wenn Banken scheitern, nicht nur einzelne Institute, sondern alle in den Abgrund gezogen werden. Egal, bei welcher Bank wir unser Konto haben und egal, welches Institut als erstes die Segel streichen muss: Unsere Ersparnisse und Investitionen sind dadurch ebenfalls ernsthaft in Gefahr.
Ein Wolkenkratzer steht sinnbildlich für den Niedergang des ganzen Sektors
Im Zentrum Chicagos wurde kürzlich einer der höchsten Wolkenkratzer der Stadt an einen neuen Besitzer verkauft. Dieser zahlte für das Gebäude lediglich 45 Millionen US-Dollar, was einem Preis von etwa 35 US-Dollar pro Quadratfuß entspricht. Für den Vorbesitzer war das Gebäude ein Geldgrab erster Ordnung, denn er hatte im Jahr 2014 für das Gebäude noch 302 Millionen US-Dollar bezahlt.
In gut elf Jahren haben sich somit 257 Millionen US-Dollar in Luft aufgelöst. Dieser Schaden wäre vielleicht noch zu verkraften, wenn er denn der einzige wäre. In der Metropolregion Chicago wurde laut Crain’s ein Bürokomplex für 6,2 Millionen US-Dollar verkauft. Hier lag der Verkaufspreis pro Quadratfuß noch niedriger bei lediglich sieben US-Dollar. Erworben hatte der Verkäufer den Komplex im Jahr 2012 für 148 Millionen US-Dollar. Das entspricht einem Wertverlust von 96 Prozent.
Doch nicht nur in Chicago überall in den USA stehen immer mehr Gewerbeimmobilien leer. Sie finden nicht nur keine Mieter mehr, sondern auch keine Käufer, die noch bereit sind, hohe Summen für den Immobilienkauf aufzuwenden. Videokonferenzen, die Arbeit von zu Hause aus und das Aufkommen von Cloud-Anwendungen haben Bürogebäude in den letzten fünf Jahren zu Relikten einer längst vergangenen Zeit gemacht.
Die Konsequenzen sind dramatisch und nicht allein auf den Immobiliensektor beschränkt. Da bis auf wenige Ausnahmen nahezu alle Immobilien, egal ob groß oder klein, beim Kauf mit einer Hypothek belastet sind, rollt an dieser Stelle auf die US-Banken eine massive Wertberichtigung zu. Sie haben Kredite in ihren Büchern, die nicht mehr bedient werden können und vermeintliche Sicherheiten, die keine mehr sind und nicht einmal mehr einen Bruchteil der anfänglichen Kreditsumme abdecken.