Verdi fordert reale Lohnsteigerungen

Liebe Leser,

zum Ende der letzten Woche hat sich Frank Werneke für die in 2022 anstehenden Tarifverhandlungen in Position gebracht. Er ist Vorsitzender der Gewerkschaft Verdi und fordert, dass die Löhne und Gehälter real steigen müssen. Das bedeutet im Klartext, dass nicht nur die Inflation ausgeglichen werden soll, sondern auch eine echte Einkommenssteigerung erfolgen soll.

Verdi ist in Deutschland nicht nur eine der größten Arbeitnehmervertretungen, die zweitgrößte nach der IG Metall, sondern genießt auch eine gewisse Vorbildfunktion für andere Gewerkschaften, weil sie die Lohn- und Gehaltsverhandlungen für den Öffentlichen Dienst führen wird.

Im Januar lag die Teuerung in Deutschland bei 4,9 Prozent. Für das Gesamtjahr 2021 lag sie nach Berechnungen des Statistischen Bundesamts bei 3,1 Prozent. Soll ein realer Lohnzuwachs erzielt werden, muss entsprechend mehr gefordert werden, denn die Gewerkschaften gehen immer mit Forderungen in die Verhandlungen, die über den später erzielten Abschlüssen liegen.

Erinnerungen an die 1970er Jahre werden wach

Für die 2022 anstehenden Tarifrunden bei den Krankenkassen, den Banken und der Versicherungswirtschaft, der Telekom und der Druckindustrie will Verdi deshalb eine Anhebung der Löhne und Gehälter zwischen fünf und sechs Prozent fordern. Hinzu kommen Sonderleistungen.

Die Situation erinnert damit ein wenig an die 1970er Jahre, speziell an das Jahr 1973, als der damalige ÖTV-Vorsitzende Heinz Kluncker einen wegweisenden Tarifabschluss aushandelte. Er trotze der Regierung von Willy Brandt mit einem dreitägigen Streik der Straßenbahnen und der Müllabfuhr eine Lohnerhöhung von elf Prozent ab. Die Inflation lag damals aufgrund der stark gestiegenen Energiepreise zwischen neun und zehn Prozent.

Weil weiterhin eine hohe Teuerung erwartet wurde, forderten die Gewerkschaften, diese schon vorab durch einen entsprechenden Lohnausgleich abzufedern. Heinz Kluncker und seine ÖTV, die sich heute Verdi nennt, setzten sich durch. Andere Gewerkschaften folgten und der Tarifabschluss gilt heute als Startpunkt einer kräftigen Lohn-Preis-Spirale.

Wenn Sie mich fragen: Eine gewisse Ähnlichkeit der Forderungen ist unverkennbar. Nun darf das Ergebnis der anstehenden Verhandlungen mit Spannung erwartet werden.