Tichys Einblick: Magazin gegen Mainstream-Journalismus

Lesedauer: 4 min | Von: NEOPresse

2015 begründete der Wirtschaftsjournalist Roland Tichy die erklärtermaßen „liberal-konservative“ Online-Seite „Tichys Einblick“. Seit dem 10. Oktober 2016 erscheint der Titel, angereichert mit einigen Beiträgen der Online-Seite, monatlich auch als Print im Finanzen Verlag, München. Tichy leitete vor der Gründung der Publikation als Chefredakteur u.a. die Wirtschafts- und Finanzmagazine

  • „Impulse“
  • „Euro“
  • „Telebörse“
  • „Wirtschaftswoche“ sowie
  • als stellvertretender Chefredakteur das Wirtschaftsmagazin „Capital“

Für „Tichys Einblick“ fungiert Roland Tichy als Herausgeber, Lizenz- und Namensgeber. Die Print-Publikation begreift er als „unabhängiges Magazin für Selberdenker jenseits des Mainstreams“. Das Blatt soll sich an die liberal-konservative Elite wenden, die bereit ist, für Beiträge jenseits des bevormundenden Mainstream-Journalismus zu bezahlen.

Das Magazin wird inzwischen bundesweit an Kiosken und in Bahnhöfen verkauft. Die Gegenöffentlichkeit, die Roland Tichy und einige Autoren herstellen wollen, stößt dabei wegen einiger deutlich rechtsliberalen oder libertären Meinungsbeiträge jedoch auch auf Kritik, Ablehnung und Ausgrenzung.

Tichys Einblick: Das wirtschaftliche Modell

Nach mittlerweile etwa fünf Jahren hat die Publikation am Markt trotz oder wegen der klaren politischen Positionierung einen nennenswerten Einfluss erreicht.

Tichys Einblick: Die Verkaufszahlen

  • Im Print kommt das Magazin laut IVW 4/2020 auf eine verkaufte Auflage von 21.563 Stück
  • Die Online-Seite erreichte Anfang 2021 bei 4.146.392 Visits und
  • 780.000 Unique Users pro Monat
  • Dabei verfehlte der Herausgeber die selbst gesteckten Ziele, nachdem anfangs 70.000 Exemplare in den Handel geliefert werden sollten.

Tichys Einblick – politisch streitbar und umstritten

In seiner noch recht jungen Geschichte hat sich das Magazin on- wie offline streitbar, aber auch als politisch umstritten einen Platz am Markt erobert. Tichy selbst nahm dabei pointierte Positionen ein. Er sei, so der Vorwurf, vom wirtschaftsliberalen zum national-liberalen Publizisten geworden. Infolgedessen gab es teils enorme Proteste und Rücktritte aus öffentlichen Organisationen.

Einige bedeutende Ereignisse in der Geschichte von Tichy und „Tichys Einblick“

  • So kooperierte er 2017 im Rahmen einer Kampagne mit der AfD, in der die frühere evangelische Bischöfin Margot Käßmann zur Rassistin erklärt wurde. Die Kampagne beruhte auf einem einfach verkürzten Zitat, das einen Abstimmungsnachweis für Nicht-Arier zumindest nahelege.
  • Zudem gab er gegenüber „Kerntechnik Deutschland e.V.“ an, Unternehmen aus der Branche der Alternativen Energien würden nicht „als Geschäftemacher und Subventionsjäger“ betrachtet, sondern als Innovatoren bzw. Weltverbesserer. In der Debatte um den Klimaschutz gilt er unter anderem solcher Äußerungen wegen als Klimaleugner oder -kritiker.
  • Der Gastautor Jürgen Fritz ordnete 2017 in „Tichys Einblick“ „grün-linke Gutmenschen“ als „geistig-psychisch krank“ ein. Tichy entfernte den Beitrag nach Beschwerden wieder und entschuldigte sich, trat jedoch als Herausgeber bei Xing News zurück.
  • Im Oktober 2020 verzichtete er auf eine weitere Kandidatur zum Vorsitz der Ludwig-Erhard-Stiftung. Anlass waren Rücktritte von Politikern aus der Stiftung, nachdem „Tichys Einblick“ im September 2020 einen Beitrag von Stephan Paetow über die Berliner SPD-Politikerin Sawsan Chebli publizierte. Darin seien sexistische Aussagen aufgenommen worden.

Finanzen Verlag will aufmerksamer werden

Die Affäre um den Beitrag über Sawsan Chebli rief schließlich auch den Betriebsrat des Finanzen Verlags auf den Plan. Das Gremium beschwerte sich per Brief an Verlagsleiter Frank-Bernhard Werner. Der gute Ruf des Unternehmens stünde auf dem Spiel, so der Vorwurf.

Frank-Bernhard Werner reagierte mit dem Verweis darauf, der Verlag werde künftig „noch aufmerksamer sein“ und wolle Aussagen „mit sexistischer oder rassistischer Konnotation“ unterbinden. Dabei ginge es lediglich um die wirtschaftlichen Folgen solcher Aussagen.

Fazit: Der jüngste Konflikt im Finanzen Verlag unterstreicht jedoch auch inhaltlich, dass „Tichys Einblick“ sich politisch als Plattform versus der „Political Correctness“ etabliert hat. Politisch sind die Beiträge weitgehend dem Spektrum neoliberaler, nationalliberaler und libertärer Theorien entnommen.

„Tichys Einblick“ stellt online und offline Meinungsbeiträge aus dem Spektrum der wirtschaftsliberalen, nationalliberalen bis hin zur libertären Gegenöffentlichkeit zusammen. Das Magazin beschäftigt sich dabei mit Themen rund um die Wirtschaft, die Klimadiskussion, die Regierungspolitik bis hin zu Fragen der „Political Correctness“ und gilt manchen als Flaggschiff des rechtsorientierten, freien Journalismus in Deutschland.

Die Online-Zugriffszahlen sowie die Verkaufszahlen für das Magazin illustrieren, dass die Redaktion in den ersten fünf Jahren ihr Publikum gefunden zu haben scheint. Einzelne Beiträge lösen jedoch immer wieder Debatten um die Ausrichtung der Redaktion rund um den bekannten Wirtschaftsjournalisten und Gründer Roland Tichy aus.

Kritiker bescheinigen den Beiträgen teils eine deutliche Neigung zu rechtspopulistischen Themen und werfen der Redaktion teils eine einseitige oder sogar verhetzende Darstellung vor. Selbst der Verlag erklärte im Herbst 2020 nach einem „sexistischen Beitrag“ über eine Berliner Politikerin, künftig wolle das Haus aufmerksamer auf die redaktionelle Arbeit achten, auch, um eine „rassistische Konnotation“ zu vermeiden.