Die viel gepriesene Grundsteuerreform entlarvt sich zunehmend als das, was viele Kritiker schon seit ihrer Einführung befürchtet hatten: eine geschickt verpackte Steuererhöhung, die unter dem Deckmantel der „Aufkommensneutralität“ daherkommt. Mit den aktuellen Entscheidungen des Bundesfinanzhofs ist nun klar, dass der Staat freie Bahn hat, Immobilieneigentümer stärker zu belasten – und das auf Basis von Bewertungsmethoden, die mit echter Gerechtigkeit nur wenig zu tun haben.
Die Münchner Richter erklären ein Modell für verfassungsgemäß, das auf Annahmen, Durchschnittswerten und theoretischen Mieten basiert. Die Botschaft ist unverkennbar: Solange das System irgendwie praktikabel ist, darf es ruhig unpräzise, ungleich und unausgewogen sein. Der Gesetzgeber darf pauschalieren – selbst dann, wenn diese Pauschalen im Einzelfall völlig an der Realität vorbeigehen.
Praktisch für den Staat – teuer für die Bürger
Besonders irritierend wirkt die Feststellung, man müsse Ungenauigkeiten bewusst hinnehmen, um das System administrativ zu vereinfachen. Das ist, als würde man bei der Einkommenssteuer schätzen, was ein Bürger vermutlich verdient, weil eine genaue Prüfung zu aufwendig wäre. Genau dieses Prinzip wird nun bei der Grundsteuer angewandt – und zwar mit höchstrichterlichem Segen.
Auch das Versprechen der Politik, niemand werde durch die Reform stärker belastet, zerbröselt bereits. In vielen Kommunen schnellen die neuen Bescheide in die Höhe, oft um ein Vielfaches. Wer in einer gefragten Lage wohnt, zahlt automatisch mehr – nicht weil er mehr leistet, sondern weil sein Wohnort statistisch „wertvoll“ erscheint. Es ist eine Art Standortstrafe, die nichts mit persönlicher Leistungsfähigkeit zu tun hat.
Dass fast drei Millionen Bürger Einsprüche eingelegt haben, zeigt den massiven Vertrauensverlust. Dennoch bleibt die Justiz hart und hält an der Konstruktion fest. Nun ruhen die Hoffnungen vieler Eigentümer auf dem Bundesverfassungsgericht, auch wenn dort durchaus Zweifel bestehen, ob die Richter die Reform tatsächlich kippen werden.
Die Abhängigkeit der neuen Grundsteuer von Bodenrichtwerten und pauschalen Mietannahmen führt jedenfalls dazu, dass der Steuerbetrag weniger mit Gerechtigkeit als mit geografischem Zufall zu tun hat. Eigentümer zahlen künftig vor allem dafür, wo sie leben – nicht dafür, was sie besitzen oder wie sie wirtschaften. Für viele ist das eine bittere, kostspielige Realität.