An der Wall Street vollzieht sich gerade eine Revolution, die erfahrenen Anlegern und auch eingefleischten Goldbullen gleichermaßen geradezu die Sprache verschlagen kann, denn niemand geringeres als Mike Wilson, der Chief Investment Officer der US-Investmentbank Morgan Stanley, plädiert für einen neuen Depotansatz. Mit ihm würde der bisherige Goldstandard der Depotzusammensetzung nicht nur ein wenig korrigiert, sondern geradezu über Bord geworfen.
Bislang folgen die großen Banken bei der Zusammenstellung ihrer Kundendepots dem 60/40-Ansatz. Er hat sich in den letzten Jahrzehnte zu so etwas wie dem Goldstandard der Portfolioallokation entwickelt und besagt, dass Anleger 60 Prozent ihres Kapitals in Aktien und 40 Prozent in festverzinslichen Anleihen halten sollten. Milliarden werden heute nach diesem grundsätzlichen Ansatz investiert. Das bedeutet im Gegenzug, dass selbst kleinste prozentuale Veränderungen in der strukturellen Zusammensetzung massive Kapitalströme nach sich ziehen werden.
Doch was Mike Wilson vorschwebt, ist alles andere als eine behutsame Veränderung der bestehenden Struktur. Vorgeschlagen wird vielmehr eine neue 60/20/20 Struktur. Nach dieser sollen auch weiterhin 60 Prozent des angelegten Kapitals in Aktien investiert werden, aber nur noch 20 Prozent in festverzinsliche Anleihen. Die frei werdenden 20 Prozent rät Mike Wilson den Anlegern ins Gold umzuschichten. Ja, Sie haben richtig gelesen. Stolze 20 Prozent der verfügbaren Anlegergelder könnten in Zukunft in Gold angelegt werden, wenn sich diese neue Portfoliozusammensetzung allgemein durchsetzen sollte.
Goldene Schocktherapie für die Anleger
Was Mike Wilson, einer der weltweit führenden Finanzstrategen, hier vorschlägt, ist nicht nur ein kräftiger Schlag mit dem Hammer. Selbst eingefleischte Goldbugs dürften eher den Eindruck gewinnen, dass hier gleich zum Vorschlaghammer gegriffen wurde, denn 20 Prozent des eigenen Anlagekapitals in Gold zu allokieren, gleicht vor dem Hintergrund dessen, was seit den späten 1980er Jahren regelmäßig gepredigt wurde, einer Schocktherapie für die Anleger.
In seinem jüngsten Marktkommentar begründet Mike Wilson den vorgeschlagenen Strategiewandel damit, dass die US-Wirtschaft nicht mehr nur mit einer traditionellen Rezession flirtet, sondern unverkennbare Anzeichen eines immer näher kommenden strukturellen Zusammenbruchs zeigt. Das neue 60/20/20 Modell, schreibt Mike Wilson seinen Lesern, biete im Gegensatz zum alten Modell einen weitaus robusteren Schutz vor Inflation und den Unsicherheiten in der Geldpolitik der Zentralbanken.
Das Gold sieht er als „das antifragile Anlagevermögen“, also als einen sicheren Hafen mit hoher Widerstandsfähigkeit gegenüber einer wieder steigenden Inflation und Marktabschwüngen. Mike Wilson ist von seiner neuen Kombination so überzeugt, dass er darauf besteht, dass hochwertige Aktien und Gold zusammen nun das stärkste Duo für den Schutz von Anlegern bilden.