Starkes Stück: Büroleiterin von Digitalstaatsministerin wechselt direkt zu sozialen Medien

Glückwünsche darf man der Lebensgefährtin von Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) aussprechen. Frau Dr. Julia Reuss war bis dato Büroleiterin von Dorothee Bär, die wiederum CSU-Digitalstaatsministerin ist. Jene Position also, die unter anderem für Projekte wie die App im Zusammenhang mit der Verfolgung des Corona-Virus in Deutschland zuständig ist. Frau Dr. Julia Reuss, ihre Büroleiterin, wechselt aus diesem Ressort heraus zu einem großen Digital-Unternehmen: Zu Facebook. Ohne Umschweife übrigens, also auch ohne die in anderen Funktionen aus dem politischen Apparat heraus durchaus übliche Karenzzeit.

Dorothee Bär ist überrascht

Frau Bär wiederum zeigte sich über diesen Wechsel öffentlich überrascht. Gegenüber dem Handelsblatt gab sie an, Frau Dr. Reuss habe sie nach vollzogener Unterschrift des Arbeitsvertrags über ihren neuen Arbeitgeber informiert. Sie habe „auf eigenen Wunsch gehandelt“, was wiederum angesichts dieser Umstände wenig überraschend ist. Nun wäre sie von ihren Pflichten entbunden worden, was gleichfalls nicht überraschend ist.

Dabei gibt es, so geht derzeit aus Medienberichten hervor, keinen eindeutigen Rechtsverstoß, etwa durch die fehlende Karenzzeit. Der Vize-Fraktionschef der FDP im Deutschen Bundestag, Frank Sitta, geht im übrigen davon aus, es gebe keine Verschwiegenheitsklauseln. Der Digitalpolitiker der SPD, Jens Zimmermann, zeigt sich kritisch. Immerhin würde Frau Dr. Reuss ja genauso viele Kontakte wie die Digitalstaatsministerin haben.

Zumindest hat die Digitalindustrie damit gute Kontakte in das entscheidende Ministerium in Deutschland. In zahlreichen anderen Funktionen wird verlangt, dass Politiker mit Kontakten und vorhergehenden Entscheidungsspielräumen bei der Industrie, die sie vormals mitregeln mussten, nicht sofort anheuern durften. Auf der anderen Seite sind Kritiker derzeit von den Leistungen des Digitalstaatsministeriums in Deutschland angesichts der Qualität der digitalen Versorgung in Deutschland ohnehin bei weitem nicht überzeugt.