North Stream2: Baustopp oder Weiterbauen oder wie viel Druck erträgt Wladimir Putin?

Die zwei Röhren des zweiten Strangs der Ostseepipeline North Stream 2 sind fast fertiggestellt. Nur noch rund 180 Kilometer fehlen, bis die Stahlröhren die deutsche Küste erreichen werden. Alle benötigten Genehmigungen liegen vor und bislang haben mehr als 1.000 Firmen an diesem Projekt mitgewirkt.

Sollte es auf den letzten Metern doch noch scheitern und als Bauruine enden, entsteht für Gazprom nicht nur ein Milliardengrab, sondern der russische Konzern, der als sehr staatsnah gilt, dürfte sich auch mit einer Reihe von Schadensersatzforderungen konfrontiert sehen.

Der politische Gegenwind ist allerdings auch weiterhin so groß, dass es nicht ausgeschlossen ist, dass das Projekt kurz vor Fertigstellung noch scheitern wird. Für alle Beteiligten steht daher viel auf dem Spiel. Gazprom könnte, sollte die Pipeline fertiggestellt werden, von den Transitländern Polen und Ukraine unabhängig werden.

Die teuren Transitgebühren entfallen und Einfluss auf die Durchleitung des Gases hätten die beiden osteuropäischen Staaten anschließend nicht mehr. Der Verkauf von Gas und Öl, der immer noch für rund 60 Prozent der russischen Exporterlöse verantwortlich ist, würde aus russischer Sicht mit der neuen Pipeline unzweifelhaft auf eine stabile Grundlage gestellt werden.

Einmalige Blockade oder dauerhafter Stellschraube?

Gegner des Projekts hoffen, den russischen Präsidenten durch einen Baustopp zu einer politischen Kurskorrektur zwingen zu können. Ob eine derartige Reaktion des russischen Präsidenten tatsächlich zu erwarten ist, darf vor dem Hintergrund der bisher mit ihm gemachten Erfahrungen allerdings bezweifelt werden. Möglich ist auch ein trotziges: Jetzt erst recht.

Ein Baustopp ist zudem nur eine einmalige Gelegenheit, politischen Druck auszuüben. Ist die Pipeline allerdings erst in Betrieb, wird ihre Nichtnutzung noch schmerzhafter als es ein Baustopp zum jetzigen Zeitpunkt sein könnte, denn die Anlage muss auch dann mit hohen Aufwendungen gewartet werden, wenn gar kein oder nur wenig Gas durch sie fließt.

Dadurch entstünde mit Blick auf die Wichtigkeit der Gasexporte in den Westen für Gazprom und den russischen Staat allgemein, nicht nur ein einmaliges, sondern ein dauerhaftes Druckmittel. Ein Druckmittel, das übrigens weit über die Ära Putin hinausreichen könnte.