Wenn über das Marketing gesprochen wird, denken viele Menschen an Werbung. Zum Marketing bzw. zum Marketing-Mix gehören jedoch mehr als nur die Anzeigen. Die Preise von Waren beispielsweise sind ein wesentlicher Bestandteil der Produktvermarktung. Mit ihnen lassen sich aktiv Kaufverhalten von Kunden beeinflussen. Wie das geht, erkläre ich anhand folgender Beispiele.
Abverkäufe steigern durch kleine Preisunterschiede
Einige Sorten eines Produktes verkaufen sich besser als andere. Zum Beispiel Früchtejoghurt. Erdbeer- und Kirschjoghurt sind bei Deutschen beliebter als Himbeere oder Heidelbeere. Dem Einzelhändler ist es oft nicht möglich, nur die beliebten Sorten zu bestellen. Während der eine Joghurt schnell vergriffen ist, versauert der andere im wahrsten Sinne des Wortes im Kühlregal. Vorausgesetzt beide besitzen denselben Preis. Hier soll er einmal 37 Cent betragen.
Setzt man nun den Preis des Himbeerjoghurts um einen Cent herunter und den des Erdbeerjoghurts um einen herauf, so greifen die Kunden erstaunlicherweise zum Himbeerjoghurt. Mit selbst minimalen Preisunterschieden wissen Marketer, sind Kunden aktiv beeinflussbar.
Die Taktik mit der kognitiven Verzerrung
Wenn Marketer ein Produkt für 49 € verkaufen wollen, dann bedienen sie sich gerne der Taktik der kognitiven Verzerrung.
Das bedeutet, dass sie neben das Produkt ein anderes mit einem noch viel höheren Preis platzieren. Sicherlich haben Sie dies auch schon oft im Internet gesehen. Beispielsweise bei Software.
Dort bietet der Hersteller gerne die kostenlose Basisversion, die empfohlene (meist auch noch hervorgehobene) Pro-Version für 49 € und daneben noch die Premium-Version für 249 € an.
Haben Sie sich schon einmal gefragt, warum die Premium-Version am Rand und die Pro-Version mittig und hervorgehoben positioniert ist? Genau aus diesem Grund. Der Marketer möchte die Pro-Version verkaufen. Er weiß, dass der hohe Preis der Premium-Version zum erhöhten Kauf der Pro-Version führen wird. Wogegen das Hervorheben der Premium-Version eher als „Marketingtrick“ wahrgenommen wird.
Schmerzgrenze senken
Jeder Mensch besitzt eine Schmerzgrenze wenn es um die Bereitschaft zum Konsum geht. Für Marketer gilt es daher, den Preis geringer aussehen zu lassen als er tatsächlich ist.
Daher kommuniziert er lieber, dass ein Zeitschriften-Abonnement 3,99 € im Monat kostet und nicht 47,88 € im Jahr. Abgeschlossen wird das Abo dennoch für zwölf Monate und tatsächlich fließt auch das komplette Geld an den Verlag. Nur die Wirkung beim Käufer ist eine andere. Er sieht zunächst nur die nackten Zahlen: 4 € vs. 47 € und entscheidet sich für die erste Variante. Sie zum Beispiel hier.
Ein guter Marketer versucht auch, die Schmerzgrenze bei der Entscheidungsfindung zu senken. Daher schnürt er gerne Pakete von häufig gekauften Produkten zusammen. Er vereinfacht somit den Kaufprozess. Der Kunde muss nur einmal entscheiden. Im Gegensatz dazu müsste er bei jedem Produkt immer wieder mit dem „inneren Schweinehund“ kämpfen.
Auch die Sprache ist entscheidend. Oft kann ein einziges Wort das Kaufverhalten signifikant verändern. Das weiß der Experte. Also nutzt er in seiner Kommunikation statt „Gebühr in Höhe von 5 €“ lieber „Geringe Gebühr in Höhe von 5 €“. Oft bewirkt ein einziges Wort eine deutliche Erhöhung des Absatzes.
Der Slogan zum Preis
Wenn Marketer eher ein konservatives Klientel ansprechen, dann heben sie den Nutzen des Produktes hervor. Neben dem Preisschild findet sich dann ein Satz wie: „Diese Salbe lindert ihre Schmerzen“.
Soll dagegen eher ein liberaleres Publikum angesprochen werden, so wählt er eher einen angenehmeren Text: „Diese Salbe hilft ihnen entspannen“.
Machen 20 Cent Versandkosten etwas aus?
Auf jeden Fall. Das zeigt eine Auswertung von Amazon in Frankreich. Dort wurde Testweise 20 Cent Versandkosten erhoben. Nun könnte man glauben, dass 20 Cent kein Grund für einen Kaufabbruch sind. So war es aber. Amazon hat im Vergleich zum Rest Europas deutlich höhere Kaufabbrüche verzeichnet. In anderen Ländern, wo der Versand kostenlos ist, erzielte das Online-Kaufhaus deutlich höhere Erträge. Marketer kennen die Macht des Wortes „kostenlos“. Daher nutzen sie ihn so oft es geht. Drängen das Managment dazu, keine Versandkosten zu erheben.
Die 9 muss stehen
Preisstrategen kennen die Wirkung der „9“ in Preisen. Sie muss am Ende eines jeden Preises stehen. Viele mögen es für einen Mythos halten, dass die „9“ etwas bewirkt. Aber es stimmt. In einer Studie des Journals „Quantitative Marketing & Economics“ wurde exakt dasselbe Kleid einmal für 35 und einmal für 39 Dollar angeboten. Kurioserweise wurde das Kleid für 39$ durchschnittlich um 24% häufiger gekauft.
Auch beim Preisnachlass nimmt man eher einen Preis mit einer „9“. Beim Hinweis „Jetzt 49$ statt 60$“ kauften die Kundinnen wieder häufiger als bei „Jetzt 45$ statt 60$“.
Fazit
Wer in Zukunft sein Kaufverhalten nicht von Marketern beeinflussen lassen möchte, der sollte, der sollte die obigen Beispiele verinnerlichen. Achten Sie bei ihrem nächsten Preisvergleich im Netz, ob sie zum Beispiel eher zu Preisen mit der „9“ tendieren. Schreiben sie sich bei Abo-Preisen den tatsächlichen Endpreis auf ein separates Stück Papier und achten auf das Wording und die Gestaltung des Preises. Denn auch Designer wissen teure Produkte durch ein schlichtes, ja gar billiges Preisdesign an den Kunden zu bringen.