Jurist und Ex-SZ-Politik-Chef: Tief besorgt über Grundrechtseinschränkungen

Der ehemalige Politik-Chef des Mainstream-Blatts „Süddeutsche Zeitung“, Heribert Prantl, hat sich in einem Interview mit der „Berliner Zeitung“ „tief besorgt“ über die Grundrechtseinschränkungen in Zeiten von Corona geäußert. Zudem sieht er die Demokratie in Gefahr. Die Grundrechte seien das Wichtigste, was wir in unserem Staat hätten. Durch die Pandemie würden diese beiseitegeschoben werden. Prantl habe die „Sorge, dass die Grundrechte geopfert würden, um so vermeintlich der Pandemie Herr zu werden“.

Das Wesen der Grundrechte sei es jedoch, gerade in Krisenzeiten unantastbar zu sein. Deswegen würden sie Grundrechte heißen. Sie seien die Leuchttürme der Demokratie. Es sei fatal zu glauben, dass man eine Zeitlang auf die Grundrechte verzichten könne. Der Eindruck aktuell sei aber, dass genau diese Haltung in der Politik dominant sei. Prantl erklärte, er habe sich „nie vorstellen können“, dass es einmal so intensive Freiheitsbeschränkungen geben könnte“.

Hans-Jürgen Papier, ehemaliger Präsident des Bundesverfassungsgerichts sagte, er habe sich nie vorstellen können, dass derart massive Freiheitsbeschränkungen von der Exekutive beschlossen würden. Entscheidungen über Grundrechte müssten auf einer breiten gesellschaftlichen und demokratischen Basis beruhen.

Ökonomen bleiben bei der Corona-Politik außen vor

Aktuell sei die Politik von Virologen dominiert. Die Regierung müsse aber Ökonomen, Soziologen, Pädagogen, Verfassungsrechtler und Kinderärzte anhören. Grundrechte könnten nicht einfach mal eben so eingeschränkt oder abgeschafft werden. Gerade weil die Politik die Grundrechte aktuell aber so wenig achte, sei die Hoffnung auf bessere Zeiten nicht so groß, wie sie sein könnte, so Prantl.

Prantl dämpft die Hoffnung, wonach ein Ende der Corona-Pandemie eine zeitnahe Rückkehr zur Normalität zur Folge hätte, insbesondere mit Blick auf die Grundrechte. Zu häufig habe man die Erfahrung machen müssen, dass Einschränkungen der Grundrechte, die als vorübergehende Maßnahme dargestellt worden seien, bis heute fortgegolten haben.

Zwar sei der RAF-Terrorismus Geschichte, doch die damals eingeführten Maßnahmen, die in das Post- und Fernmeldegeheimnis und in die Unverletzlichkeit der Wohnung eingegriffen hätten, seien bis heute Teil des Strafprozessrechts.

Ähnliche Erfahrungen habe es nach 9/11 gegeben, als „zeitlich befristete“ Gesetze immer wieder verlängert worden seien, so Prantl. Einschränkungen seien zur „Normalität“ geworden. So befürchtet Prantl auch jetzt: „Die Einschränkungen können auch als Blaupause verwendet werden, für das nächste Virus, für den nächsten Katastrophenfall. Doch das Grundgesetz stehe nicht unter Pandemievorbehalt.“