Rechtswissenschaftler in der „Zeit“: Ausgangssperren nicht von Verfassung gedeckt

Die Merkel-Regierung steht nicht nur politisch unter Druck, nachdem die Umfragewerte in den vergangenen Wochen klar in den Keller gingen. Sie steht auch aus Sicht einiger Rechtswissenschaftler auf dem Prüfstand. Die Kanzlerin möchte nun eine zentrale Lockdown-Politik durchsetzen. Dem Vernehmen nach, so praktisch alle Medien, wird es auch Ausgangssperren geben.

Dies allerdings ist nach Meinung von Volker Boehme-Neßler ausgesprochen zweifelhaft. In der „Zeit“ äußerte er sich in einem Beitrag: „Ausgangssperren: Nicht von der Verfassung gedeckt“. Befürworter solcher Maßnahmen würden, so steht zu vermuten, dann einfach eine Verfassungsänderung fordern.

Brisante Aussagen

Der Jurist, der Öffentliches Recht an der Carl-von-Ossietzky-Universität von Oldenburg lehrt, lässt die Leserinnen und Leser der vermeintlich links-liberalen Zeitung wissen:

„Ausgangssperren sind ein probates Mittel der Politik – in Diktaturen und autoritären Regimen. Sie dienen dazu, das Verhalten der Bevölkerung zu kontrollieren.“

Nun ließe sich die Aussage sicherlich schnell überprüfen – und positiv bestätigen, etwa in einigen asiatischen Ländern. Die Befürworter härterer Maßnahmen würden sicherlich darauf verweisen, dass es hier ja um ein anderes Gut ginge: Den Schutz der Gesundheit der Bevölkerung. Wirklich?

„Letztlich zerstören sie das öffentliche Leben und behindern Kontakte und Kommunikation unter den Bürgerinnen und Bürgern. Deshalb sind sie gut geeignet, um autoritäre Staatsmacht zu sichern. In Demokratien sind sie eher verpönt. Vor diesem Hintergrund ist es mehr als irritierend, dass in Deutschland und in anderen europäischen Staaten Ausgangssperren verhängt werden.“

Zudem vermisst der Jurist eindeutige Beweise der empirischen Wissenschaft, wonach Ausgangssperren effektive Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie sein könnten. Was aber könnte uns stattdessen blühen?

„Um (Ausgangssperren) wirklich durchzusetzen, braucht es in letzter Konsequenz massive staatliche Gewalt.

Staatsgewalt in dieser Dimension gegen die Bevölkerung einzusetzen – das geht in einer Demokratie nicht. Deshalb sind Ausgangssperren in Deutschland ein untaugliches Mittel, um das Verhalten der Bevölkerung konsequent zu steuern. Dieser Befund ist nicht nur politisch, sondern auch verfassungsrechtlich von Bedeutung. Das Grundgesetz garantiert allen Bürgerinnen und Bürgern die Freizügigkeit – also das Recht, sich frei im ganzen Bundesgebiet zu bewegen. Das ist ein entscheidender Bestandteil demokratischer Freiheit.“

Hinweise, die sich Demokratinnen und Demokraten gut merken sollten.