Helmut Schmidt: Der gefallene „Held“

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Wie überschlugen sich doch die Kommentare, Artikel und Berichte zu Helmut Schmidt als er beispielsweise dem Ex-Bundeskanzlerdarstellerkandidaten Peer Steinbrück – genau der aus der Bankerfamilie der Delbrücks – in ganz staatsmännischer Art und Weise als Proteger zur Seite stand.

Kleiner Auszug gefällig?

Altkanzler Helmut Schmidt, wie stets altersweise, kommentiert die Verhältnisse so: „Wenn wir als Maßstab die Bezüge des Chefs einer Großbank anlegen, dann ist das Einkommen der Bundeskanzlerin lächerlich. Wenn wir als Maßstab den Lohn eines Facharbeiters anlegen, dann verdient sie sechs- oder siebenmal soviel. Das ist angemessen.“ (Zur losgetretenen Diskussion Steinbrücks bzgl. des Kanzlergehalts)

Als Maybrit Illner nach dem Raubtier-Kapitalismus fragt, da macht Helmut Schmidt eine kleine Pause und brummt. Nicht übertrieben laut, aber gut vernehmlich. Es ist das Brummen eines satten, altersweise gewordenen Bären, der auch mal ein Raubtier war. Aber eines, das eher überlegt handelt und nicht in blindwütiger Raserei. Ja, sagt Schmidt also, den Begriff Raubtier-Kapitalismus habe es schon in den neunziger Jahren gegeben, und er habe heute nichts von seiner Aktualität verloren.

Doch inzwischen hat sich der Wind für den Altbundeskanzler, das Atlantikbrücken-Mitglied und den Bohemian Grove-Teilnehmer gedreht. Gedreht, weil er es gewagt hat die aktuelle Russland-Sanktionspolitik Deutschlands und der EU zu kritisieren:

Helmut Schmidt hat Verständnis für Putins Krim-Politik (Zeit-Online)

Und was liegt da näher als die altbekannte Nazi-Keule zur Diffamierung Andersdenkender auszupacken?

Ex-Kanzler: Kontroverse um Helmut Schmidts Wehrmachtsakte (Spiegel Online)

Ganz klassisch das Denunzieren als Nazi. Egal, was Schmidt 60 oder 70 Jahre lang DANACH gemacht hat? Auch für diejenigen, die jetzt medial über ihn herziehen und denen seine Vergangenheit die Jahrzehnte zuvor vollkommen egal war.

Und dass man Schmidt als Putin-Versteher sowieso nicht ganz ernst nehmen kann und darf, soll wohl auch ein weiterer Artikel aus der Speerspitze der Springer-Scheinwelt verdeutlichen:

Gesundheitliche Probleme: Helmut Schmidt war als Kanzler fast hundertmal bewusstlos (Spiegel Online)

Wenn sich jemand gegen das System stellt und sei es nur aufgrund Alterweisheit und neu gewonnener Einsichten, spielen alte „Erfolge und Meriten“ keine Rolle mehr. Dann wird „scharf geschossen“, gerne auch unter die Gürtellinie.

Man mag von Schmidt als Person und seine Politik im Besonderen halten was man will. Aber nur weil er es gewagt hat eine gegenteilige Meinung zur Propaganda-Verbreitungsmaschinerie zu äußern, ihn medial zum Abschuss frei zu geben, zeigt nur eines: Das System hat Angst und weiß um seine Verletzlichkeit.

Quellen:
Wikipedia – Delbrück (Familie)
Steinbrück meckert über Kanzler-Gehalt – zu Recht?
Schmidt und Gauck bei Maybrit Illner – Streiten über die mächtigste Frau Europas
Helmut Schmidt hat Verständnis für Putins Krim-Politik
Ex-Kanzler: Kontroverse um Helmut Schmidts Wehrmachtsakte
Gesundheitliche Probleme: Helmut Schmidt war als Kanzler fast hundertmal bewusstlos