NATO-Bombardement: Beweise gegen Gaddafi waren gefälscht

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Operation Odysee nannte die westliche Koalition unter Führung der NATO die militärische Intervention in Libyen. Anders als andere Interventionen unter Führung der USA, fand diese im Einklang mit internationalem Völkerrecht statt. Mit UN Resolution Nr. 1973, die solche Operationen unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt, billigte der UN Sicherheitsrat eine bewaffnete Flugverbotszone über Libyen um „alle notwendigen Maßnahmen zum Schutze der Bevölkerung“ zu ergreifen. Damals ging es faktisch um die Unterstützung der libyschen Rebellen. Offiziell lautete die Begründung jedoch, man müsse einen möglichen Genozid ausgehend von den libyschen Machthabern um Muammar al-Gaddafi verhindern. Wie sich nun herausstellt, beruhte diese „unmittelbare“ Annahme auf fehlerhaften Darstellungen und gefälschten Belegen und ist damit nicht mehr haltbar.

Hillarys Krieg

Eine der führenden Kräfte hinter der westlichen Intervention war die damalige US-Außenministerin, die Washington Post (30.10.2011) sprach in diesem Zusammenhang sogar von „Hillarys Krieg“. Unermüdlich wiederholte Hillary Clinton Gaddafi-Truppen hätten – gezielt und systematisch – Zivilisten getötet, in Bengasi hätte sogar ein Massaker gedroht, weshalb die Bombardierung Libyens unausweichlich sei. Der Druck auf Barack Obama, sich endlich zum „Krieg in Libyen“ zu erklären, nahm zu. Die Washington Times rief in einem Kommentar vom 24. März zu einem Amtsenthebungsverfahren gegen ihn auf. Der Präsident, hieß es darin, sei ein „Landesverräter“. Am 28. März verteidigte Obama in einer vom Fernsehen übertragenen Rede die Beteiligung am Militäreinsatz. Es gehe um Interessen und Werte der USA, deshalb bestehe eine Verantwortung zu handeln. Der Vormarsch von Gaddafis Truppen habe gestoppt werden können, weitere Gewalt gegen Zivilisten sei verhindert worden. Der Beitrag der USA sei begrenzt, insbesondere ginge es nicht um einen gewaltsamen Sturz von Gaddafi. Unmittelbarer Auslöser der Intervention war dann die offizielle Behauptung, man hätte Hinweise, dass in Bengasi ein Genozid drohen würde. Jedoch gab es schon damals viele Hinweise, dass es sich hierbei um bestenfalls fragwürdige, meist sogar falsche Behauptungen gehandelt hatte.

Wie sich nun herausstellt, waren diese gegenläufigen Indizien damals innerhalb der Administration bestens bekannt. So berichtet die Washington Times (28.1.2015) unter Verweis auf jüngst erhaltene Gesprächsmitschnitte aus Tripolis sowie auf Aussagen hochrangiger damaliger Regierungsbeamter: „Mehrere von der Times interviewte US-Offizielle bestätigten, dass Frau Clinton und nicht Herr Obama führend in der Forderung war, NATO-Militärkräfte einzusetzen, um Gaddafi als Anführer Libyens des Amtes zu entheben und dass sie wiederholt die Warnungen von Beamten aus dem Verteidigungs- wie auch dem Militärapparat in den Wind geschlagen hat. […] Frau Clintons Argument bestand darin, dass Gaddafi kurz davor stand, einen Völkermord gegen Zivilisten in Bengasi zu begehen, wo die Rebellen ihr Machtzentrum hatten. Aber Geheimdienstbeamte aus dem Verteidigungsministerium konnten diese Bedenken nicht bestätigen und kamen in der Tat zu der Einschätzung, dass es Gaddafi wohl kaum riskieren würde, sich aufgrund der Tötung zahlreicher Menschen den Zorn der Welt auf sich zu ziehen. […] Im Ergebnis wandten sich Verteidigungsminister Robert M. Gates und Generalstabschef Mike Mullen entschieden gegen Frau Clintons Forderung nach dem Einsatz von Gewalt.“

Genutzt hatte dieser Widerstand innerhalb der Administration dann bekanntlich herzlich wenig. Dass, wie die Washington Times (1.2.2015) in einem Folgeartikel berichtet, die USA seitens der damaligen libyschen Regierung auch noch gewarnt wurde, die von der NATO unterstützten Rebellen hätten enge Kontakte zu Al-Kaida, macht die ganze Angelegenheit noch empörender, lag hier doch eine wesentliche Ursache für die anschließende Destabilisierung der gesamten Region.

Failed State

Denn Libyen entwickelte sich keinesfalls zu einem demokratischen Staat nach westlichem Vorbild. Aktuell ist die Regierung höchst instabil, mordende Al-Quaida und IS-Brigaden ziehen durch das Land und fordern vielerorts mehrere Opfer. In den letzten Wochen ist ein heftiger bewaffneter Kampf zwischen Regierungseinheiten und paramilitärischen Gruppierungen in der Hauptstadt Tripolis entfacht. Einige Milizen, die während des Bürgerkrieges unterstützt und offensichtlich auf bewaffnet wurden, schließen sich radikal-islamistischen Gruppen an. Zuletzt überschattete das Land eine Serie von Terroranschlägen bei denen mindestens 25 Menschen ums Leben kamen.

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