Ifo-Institut gegen staatliche Eingriffe in Lieferketten

Die Corona-Krise hat die Verletzlichkeit der Lieferketten und der von ihr abhängenden Produktion offenbart. Nun denken Politik und Industrie darüber nach, wie mit der Gefahr umzugehen ist. Das Münchener Ifo-Institut hat sich in einem neuen Aufsatz positioniert und sich klar gegen staatliche Eingriffe in die Lieferketten und eine allgemeine Rückverlagerung von Produktion ausgesprochen.

Verantwortlich für die Studie zeichnet Lisandra Flach. Sie ist innerhalb des Ifo-Instituts die Leiterin des Bereichs Außenwirtschaft. Ausgangspunkt ihrer Überlegungen ist, dass die deutsche Wirtschaft wie kaum eine andere von offenen Weltmärkten profitiert. Die Bruttoexporte enthalten einen Anteil von 21 Prozent an ausländischer Wertschöpfung. In China liegt dieser Anteil bei 17 Prozent, in den USA liegt er nur bei 9 Prozent.

Knapp über 30 Prozent der gesamten Wertschöpfung des Landes wird ins Ausland exportiert. Nimmt man allein die deutsche Industrie so liegt dieser Anteil sogar bei rund 60 Prozent. Der mit Abstand größte Teil wird ins europäische Ausland exportiert. Er liegt derzeit bei 20 Prozent der gesamten industriellen Wertschöpfung.

Bei Rückverlagerung drohen Einkommensverluste

Sollte es zu einer massiven Rückverlagerung von Produktion aus dem Ausland ins Inland kommen, sieht Lisandra Flach die Gefahr von enormen Einkommensverlusten. Der Staat sollte sich ihrer Meinung nach deshalb mit Eingriffen in die Gestaltung der Lieferketten grundsätzlich zurückhalten.

Wenn Eingriffe vorgenommen werden, müssen sie auf der Basis von klaren Kriterien erfolgen, rechtskonform sein und auch mit den Regeln der Welthandelsorganisation übereinstimmen. Ein besserer Weg, die Versorgungssicherheit zu gewährleisten, stellt der Aufbau von strategischen Reserven auf nationaler oder europäischer Ebene dar.

Der EU kommt dabei eine bedeutende Rolle zu, denn 67 Prozent der Waren, die aus fünf oder weniger Zulieferländern bezogen werden, stammen aus anderen EU-Staaten. Daher gelte es, den EU-Binnenmarkt zu stärken, Defizite bei der Umsetzung des EU-Rechts zu beseitigen und bürokratische Hürden zu beseitigen.