Dem öffentlich-rechtlichen Wissenschaftsjournalismus auf die Sprünge geholfen – die Positivrate

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk bemüht sich seit längerer Zeit mit diversen Faktenchecks dem eigenen Selbstverständnis nach redlich um eine Aufklärung zur Verbreitung des Corona-Virus. Kritiker bemängeln, das hier nur die sprichwörtlich halbe Wahrheit zutage gefördert wird – was im übrigen nichts mit der Leugnung oder der Verharmlosung des Virus oder der Verbreitung zu tun hat. Tatsächlich aber bemängeln Kritiker oft genug die unsauberen statistischen Beiträge, Darstellungsformen und Schlüsse, die daraus gezogen werden. Jüngst versuchte sich der WDR.

Die Positivrate…

Der Fall dazu: Kritiker bemängeln, dass die Zahl der positiv Getesteten steigt, wenn mehr getestet wird – und dass daraus falsche Schlüsse gezogen werden könnten oder werden. Mit dieser Aussage beschäftigte sich der WDR im zitierten Beitrag. „Dieser Gedanke ist nicht falsch, aber zu einfach gedacht“, so wird die WDR-Wissenschaftsjournalistin Julia Polke zitiert. „Was die absoluten Zahlen angeht, mag das stimmen: Testen wir mehr, erkennen wir auch mehr ansonsten unentdeckte Infektionen.“

Allerdings müssten weitere Parameter, also Zahlen herangezogen werden. Entscheidend sei die „Positivrate“, also die Zahl der positiv Getesteten von den insgesamt durchgeführten Tests. „Steigt dieser relative Wert von Woche zu Woche, ist das ein klarer Hinweis darauf, dass sich wieder mehr Menschen anstecken – unabhängig davon, wie viel getestet wird.“ Das sei aktuell zu beobachten, nachdem der Anteil in NRW aus der vorletzten Woche von 6,5 % auf 7,5 % in der letzten Woche gestiegen sei.

Die Wissenschaftsjournalistin verweist noch darauf, dass auch die vermehrte Anzahl an Schnelltests an der Einschätzung nichts ändern würde. Denn positiv Getestete würden dann offiziell noch einmal durch den PCR-Test geprüft und erst dann gegebenenfalls gezählt.

Die Aussagen des WDR oder der Wissenschaftsjournalisten sind jedoch so nicht nachvollziehbar. Eine einfache Überlegung dazu: Schnelltests werden überwiegend – natürlicherweise – bei Symptomlosen durchgeführt (in Schulen, in Tübingen beim Modellprojekt etc.). Werden also durch Schnelltests „positiv Getestete“ identifiziert, beeinflusst das die Positivrate nach PCR noch nicht – das ist richtig. Diese Menschen, die symptomlos als Verdachtsfälle einem PCR-Test zugeführt werden, steigern aber ganz offensichtlich die Wahrscheinlichkeit, dass dann ein PCR-Test zu einem positiven Ergebnis führt.

Es ändert sich die Zusammensetzung der Grundgesamtheit derjenigen, die überhaupt einen PCR-Test durchführen (lassen) – angereichert um einen Anteil an Menschen, die per Schnelltest symptomlos als Verdächtige dabei sind. Wenn sich aber die Grundgesamtheit ändert – dann ist auch die Positivrate als Vergleichszahl schlicht Unsinn. Alleine Schnelltests werden die Positivrate am Ende sogar mit hoher Sicherheit verändern.

Diese Überlegung lassen wir gern widerlegen – wir wissen nur nicht wie. Die Aussage bedeutet nicht, dass es keine weitere oder schnellere Ausbreitung gibt – mit den bisherigen statistischen Methoden ist die Messwirkung jedoch gering.